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Heilpflanze: Myrrhe - Verschiedene Commiphora-Arten

Myrrhe - (Heil-)Arzneipflanze des Jahres

C. myrrha, C. simplicifolia, C. foliacea, C. habessinica, C. hildebrandtii, C. molmol, Balsamodendron myrrha, Myrrhenbaum, Myrrhenstrauch, Echte Myrrhe, Somali-Myrrhe, Männliche Myrrhe, Rote Myrrhe, Heerabol-Myrrhe, Balsamea myrrha, Gummi myrrha, Gummiresina myrrha, Balsamharz, Afrikanische Myrrhe, C. erythreae

Myrrhe war die Arzneipflanze des Jahres 2021. 

Myrrhe oder Myrrhenharz ist das luftgetrocknete aromatische Gummiharz aus den Stämmen und Ästen von mehreren Arten der Gattung Commiphora aus der Familie der Balsambaumgewächse (Burseraceae), in erster Linie Commiphora myrrha, aber auch C. simplicifolia, C. foliacea, C. habessinica und C. hildebrandtii.

 

Nicht alle Commiphora-Arten sind zur Gewinnung von echter Myrrhe geeignet, bei den geeigneten Pflanzen handelt es sich um Sträucher oder kleine Bäume mit großen, spitzen Dornen, die in Ostafrika (Somalia, Eritrea, Sudan, Äthiopien, Djibouti, nördliches Kenia) und Südarabien (Oman, Jemen) vorkommen.

 

Myrrhe wird nur selten kultiviert, das Harz stammt fast ausschließlich aus Sammlungen von wildwachsenden Pflanzen.

 Der Name „Myrrhe“ leitet sich aus den semitischen und kuschitischen Sprachen ab, beispielsweise arabisch „murr“ bzw. hebräisch „mor“ mit der Bedeutung bitter, der Zusatz „molmol“ kommt von dem somalischen Wort „molmol“ und bedeutet sehr bitter.

 

Woran erkennt man Myrrhe?

Die Commiphora-Arten sind laubabwerfende, stämmige, bis zu 3 m (im Einzelfall auch bis zu 4 m) hohe Sträucher und kleine Bäume mit meist kurzem Stamm, der eine außen silbrige, weißliche oder bläulich-graue besitzt, die sich in großen Stücken abschält. Dabei wird die darunter liegende grünere glatte Borke sichtbar. Die Äste und Zweige haben großen, spitzen Dornen. Die Blätter sind ledrig,    unbehaart und glatt oder gezähnt, meist dreizählig und wechselständig angeordnet.

Die Blütezeit liegt kurz vor der Regenzeit. Die Blüten sind rosafarben, rot oder gelb und in endständigen Rispen angeordnet. Die Commiphora-Arten sind zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch) und metagyn. Das bedeutet, dass die männlichen Blüten als erstes reifen. Aus den Blüten entwickeln sich etwa 12-16 mm lange und 6-8 mm breite, eiförmige und abgeflachte geschnäbelte Beerenfrüchte, die erst gelb und dann rot sind. Wenn sie reif sind, zerfallen sie in zwei Teile und legen den einzigen, 6-9 mm langen, Samen frei.

Die Commiphora-Arten lieben trockene Standorte. C. myrrha wächst hauptsächlich über Sandstein und kommt in Höhenlagen zwischen 250 und 1300 m vor.

 

Wie wirkt Myrrhe?

Im Mittelalter wurde das Myrrhenharz bei der Behandlung von Wunden eingesetzt.

Heute noch wird Myrrhe äußerlich bei leichteren Entzündungen der Haut, kleineren Wunden und Schürfwunden aufgetragen.

Man verwendet Myrrhe dabei hauptsächlich in Form der Myrrhentinktur. Diese wird ebenfalls zur Behandlung von Entzündungen der Mundschleimhaut wegen ihrer desinfizierenden und zusammenziehenden Wirkung angewandt.

Auch bei Zahnfleischentzündungen (auch durch Druckstellen beim Tragen von Zahnprothesen) hat sich Myrrhentinktur bewährt, insbesondere wenn täglich mehrmals das (entzündete) Zahnfleisch damit eingerieben wird. Als Mundspülung kann verdünnte Myrrhentinktur ebenfalls verwendet werden.

Myrrhe fördert die Narbenbildung bei Wunden und ist außerdem blutstillend.

Innerlich wirkt Myrrhentinktur krampflösend und findet daher Anwendung bei Darmerkrankungen. Die Inhaltsstoffe reduzieren den Spannungszustand der glatten Darmmuskulatur und verringern die Anzahl der Kontraktionen im Darm.

In Verbindung mit Kaffeekohle und Kamille wird sie sowohl bei Colitis ulcerosa wie auch bei Morbus Crohn und ebenfalls beim Reizdarmsyndrom verwendet.

In einer klinischen Studie wurde dafür die gleiche Wirkung bei der Verlängerung schubfreier Phasen bei Colitis ulcerosa festgestellt, wie bei der medikamentösen Standardtherapie.

Die Volksmedizin setzt Myrrhe sowohl zur Therapie als auch zur Prophylaxe von unspezifischen Darmerkrankungen – meist Infektionen- ein.

Auch zur Blutreinigung, bei Hauterkrankungen, Menstruationsbeschwerden und Verdauungsstörungen allgemein wird Myrrhe eingesetzt.

Ein weiteres inneres Anwendungsgebiet sind Bronchitis und Husten.

Experimentell konnte nachgewiesen werden, dass Myrrhe gegen die unterschiedlichsten Bakterienstämme und Pilze wirkt, darunter z. B. Candida albicans, einem der Hauptverursacher von Fuß- und Scheidenpilz.

 

Die Kommission E bewertet Myrrhe positiv und empfiehlt sie zur Behandlung leichter Entzündungen im Mund- und Rachenraum sowie bei Zahnfleischentzündungen und Prothesedruckstellen.

Die ESCOP empfiehlt Myrrhe ebenfalls bei Zahnfleischentzündungen und Entzündungen der Mundschleimhaut sowie äußerlich bei Hautentzündungen, kleinen Wunden und Hautabschürfungen. Außerdem wird eine Unterstützung bei Halsschmerzen und Mandelentzündungen empfohlen.

Das HMPC stuft Myrrhe als traditionelles pflanzliches Arzneimittel ein.

Im Ayurveda kommt Myrrhe nicht nur als Stärkungsmittel zum Einsatz, sondern auch als Aphrodisiakum.

Sie wird ebenfalls bei Rheuma und erhöhten Cholesterinwerten angewandt.

In der Homöopathie findet Myrrhe in Form von Globuli oder als Dilution Anwendung zur Nachbehandlung von Entzündungen im Verdauungstrakt und bei chronischen und entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems.

 

Zusammengefasst die Anwendungsgebiete für Myrrhe

  • adstringierend
  • granulationsfördernd
  • konservierend
  • entzündungshemmend
  • spasmolytisch
  • desodorierend
  • antimikrobiell
  • schmerzlindernd
  • desinfizierend
  • blutungsstillend
  • blutreinigend
  • appetitanregend
  • beruhigend
  • schleimlösend
  • Narbenbildung fördernd
  • Mund- und Rachenschleimhautentzündung
  • Pharyngitis
  • Mandelentzündung
  • Gingivitis
  • Schluckbeschwerden
  • Halsschmerzen
  • Darmentzündungen (Colitis)
  • Reizdarm
  • Verdauungsstörungen
  • Blähungen
  • Bronchitis
  • Wundheilung
  • Geschwüre
  • Hämorrhoiden
  • Furunkel
  • Mundgeruch
  • Parasiten
  • Wechseljahresbeschwerden
  • Menstruationsbeschwerden
  • Kreislaufbeschwerden
  • Rheuma
  • erhöhte Cholesterinwerte
  • Erkältungskrankheiten und Husten
  • entzündliche Darmerkrankungen
  • Reizdarm
  • Durchfall
  • äußerlich bei rissiger Haut und Wunden
  • Arthritis

Die Einnahme von Myrrhepräparaten setzt möglicherweise den blutverdünnenden Effekt von Warfarin herab.

Kinder unter 12 Jahren, Schwangere und Stillende sollten auf Myrrhepräparate verzichten.

Myrrhentinktur innerlich nur verdünnt einsetzen, bei Anwendung der unverdünnten Tinktur kann es vorübergehend zu leichtem Brennen der Mundschleimhaut und Geschmacksirritationen kommen.

Alkoholkranke müssen auf den Einsatz der Myrrhentinktur verzichten.

 

Welche Wirkstoffe sind in der Myrrhe enthalten?

 

Welche Wirkstoffe sind in der Myrrhe enthalten?Myrrhe enthält 25 bis 40 % Harz mit Triterpenalkoholen, -säuren und -estern als wesentlichen Bestandteil. Ferner sind 2,5 bis 10 % ätherisches Öl enthalten, das unter anderem Zimtaldehyd, Cuminaldehyd und Furanosesquiterpene sowie den Geruchsträger 5-Acetoxy-2-methoxy-4,5-dihydrofuranodien-6-on enthält. Des weiteren sind verschiedene andere Furanosesquiterpene wie Commiferin (s. Abbildung), Furanoeudesma-1,3-dien, Curzerenon u. a., weitere Sesquiterpene wie δ-Elemen und Monoterpene wie Limonen, α-und β-Pinen und Phenylpropanderivate enthalten. Daneben kommen Kohlenhydrate - darunter Zucker wie Arabinose und Galaktose sowie Schleimstoffe - und Proteine im Harz vor.

 

Welche Teile der Pflanze werden verwendet?

Myrrhe ist das aus der Rinde des Stammes und der Äste ausgetretene, an der Luft getrocknete Gummiharz des Myrrhenstrauches bzw. Myrrhebaums. Es kann durch Anschneiden (nach der Regenzeit von Juni bis August )erhalten werden, bessere Qualitäten erhält man allerdings durch das spontan ausgetretene und gesammelte Harz.

An der Luft erstarrt das Harz zu unregelmäßigen, orange­braunen Stücken.

Beim Anritzen der Rinde von Stamm und Ästen können von einem einzigen Baum bis zu 4 kg des erstarrten Gummiharz gewonnen werden.

Bei uns im Handel befinden sich Produkte überwiegend aus dem Sudan, Jemen, Eritrea und Somalia.

 

Anwendung

Myrrhe wird fast ausschließlich in Form der Tinktur angewendet, die im Mazerationsverfahren aus einem Teil Myrrhe und fünf Teilen 90 %-igem Ethanol hergestellt wird.

Weiterhin ist Myrrhe Bestandteil von Salben, Mundwässern und Zahnpflegemitteln.

Die innerliche Anwendung kann auch im Form von Dragees oder Tabletten sowie Kapseln erfolgen.

 

Verschiedenes

Myrrhe ist schon seit Jahrtausenden bekannt und gehört neben Weihrauch zu den ältesten Drogen. Sie wurde schon vor ca. 3000 Jahren von den alten Ägyptern zur Einbalsamierung genutzt. Auch im Judentum wurde Myrrhe zusammen mit Aloe für die ordnungsgemäße Bestattung eines Leichnams verwendet.

In Europa wurden im Mittelalter Pestpastillen daraus hergestellt, denen zusätzlich eine fiebersenkende Wirkung zugesprochen wurde.

Zusammen mit Weihrauch gehört die Myrrhe zu den bekanntesten bei Räucherzeremonien verwendeten Stoffen.

In der Parfümindustrie wird das Harz gern als Beimischung zur Fixierung von Düften genutzt.

Myrrhe ist daneben ein wesentlicher Bestandteil des Papier dʼArménie. Es handelt sich um mit Styrax-, Myrrhe- und Weihrauchharz getränkte Papierstreifen, die beim Verbrennen lästige Gerüche neutralisieren. Ihre Herstellung erfolgt seit über 120 Jahren in unveränderter Form in einem französischen Familienbetrieb.

 

Autor:

Dr. rer. nat. Frank Herfurth - Heilpraktiker, Dozent, Lebensmittelchemiker

Dr. rer. nat. Frank Herfurth
Heilpraktiker, Dozent, Lebensmittelchemiker
Ostlandstr. 53a, 
50859 Köln, 
Email: fh@herfurth.org 

12/2025
Beitragsbild "Myrrhe" mit KI erzeugt - https://gamma.app/de