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Boykott der Selbstfürsorge

Achtsamkeitsübungen und Dankbarkeitspraxis sind in aller Munde. Lebe im Moment, führe ein Dankbarkeitstagebuch, schreibe Dankbarkeitsbriefe. Gelebte Dankbarkeit fördert laut neueren Forschungen wie der von Prof. Paul J. Mills, University of California in San Diego, die Gesundheit.

Eine bewusste Dankbarkeitspraxis unterstützt die Produktion von Dopamin und Serotonin. Serotonin ist ein natürlicher Stimmungsaufheller und Dopamin steigert den Antrieb. Weniger Stress und mehr Resilienz sind ein Booster für das Immunsystem.

In meiner Arbeit erlebe ich allerdings immer wieder Menschen, denen der Zugang zu einer solchen Praxis verwehrt ist. Ihr innerer Boykotteuer macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. „Du darfst nicht glücklich sein“, „Dir darf es nicht gut gehen“. Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl werden unbewusst sabotiert. Eine Klientin berichtete mir, dass sie Schuldgefühle habe, wenn sie in einem Tagebuch aufschreiben solle, wofür sie dankbar sei. Sofort melde sich eine laute Stimme, die sie kritisiere, beschimpfe und bewerte. „Warum bist du denn dafür dankbar?“, „Da hast du doch sicher wieder die Hälfte vergessen?“ So oder ähnlich klingt es in ihr. Dankbarkeit wird zur Leistungsüberprüfung mit Noten.

Diese kritischen Stimmen aus der Vergangenheit, die als innere Anteile in vielen Menschen als unerwünschte Untermieter hausen, stehen einer heilsamen Selbstfürsorge im Wege. Wichtig ist, dass die inneren Kritiker identifiziert werden. In einem nächsten Schritt kann das dahinterstehende Schutzkonzept der Psyche verstanden werden. Es gilt zu verstehen, warum diese Anteile in der Kindheit durch frühe Traumatisierungen entstanden sind. Damit ist der erste Schritt zur Integration gegangen.

Hinter den destruktiven Stimmen verbergen sich häufig positive Absichten, die sich allerdings auf eine unangemessene, oft katastrophale Weise bei uns melden. Um ein Beispiel zu nennen: wenn wir in der Kindheit schmerzhaft erfahren haben, dass nur Leistung belohnt wird und bei Fehlverhalten Liebesentzug droht, kann der innere Kritiker uns schützen wollen, nicht beschämt und bestraft zu werden. „Mach mehr, mach weiter, bloß nicht anhalten“, so seine gut gemeinte Strategie.  Für Kinder, die von der Fürsorge ihrer Eltern abhängig sind, ist Liebe und Zugehörigkeit überlebenswichtig. Daher treffen sie bestrafende und bewertende Botschaften in ihrer Existenz.

Diese zerstörerischen Anteile haben aber nicht bemerkt, dass ihre Zeit abgelaufen ist, weil die alte Gefahrenlage aus Kindheitstagen nicht mehr existiert. Sie sind wie eingefrorene Avatare aus der Vergangenheit. Wie in Fantasy- und Gruselfilmen müssen wir die Untoten befreien, um zu gesunden. Das Schattenheer aus Kritikern, Verfolgern und Zerstörern fürchtet wie Graf Dracula das Licht. Fällt Sonnenlicht auf den Vampir, so löst er sich auf.  

Wenn wir uns den destruktiven Anteilen zuwenden, sie verstehen lernen und mit ihnen arbeiten, dann können sie ihre gute Absicht zukünftig auf förderliche Weise mitteilen. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern ist oft ein langer Prozess. Die Bösewichter einfach zu verscheuchen oder in den Kerker zu sperren, das funktioniert leider nicht. Denn sie wollen gehört werden.

Eine Klientin berichtete von einem inneren Anteil, der permanente Vernichtungsfantasien äußere. „Du bist es nicht wert zu leben“, „Du hast kein Existenzrecht“. Auch in unserer gemeinsamen Arbeit boykottierte er uns permanent. Hier noch eine gute Absicht zu finden, scheint auf den ersten Blick schwer zu fallen. Dazu müssen wir uns wieder in die Zeit zurückbegeben, als sich dieser Anteil gebildet hat, in die Kindheit. Wenn ein Kind in einer toxischen, latent lebensbedrohlichen Umgebung lebt, weil Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung es in Todesnähe bringen, dann ist es durchaus sinnvoll, „unsichtbar“ zu sein. Mit dem Ziel diese Trauma-Atmosphäre zu überleben, schaltet der kindliche Schutzmechanismus auf den gut gemeinten Rat: „bleibe unerkannt, sei unsichtbar“.

Und wenn jemand bei der Identifikation der inneren Übeltäter so weit gekommen ist, dann ist das durchaus ein Grund, auch dankbar zu sein und sich selbst zu loben.

 


 Therapeutenprofil anzeigen

Ulrike Hinrichs ist Heilpraktikerin für Psychotherapie, Traumazentrierte Fachberaterin und Kunsttherapeutin (M.A). Sie ist auch Autorin des Fachbuchs „Kunst als Sprache der Intuition. Der holografische Ansatz in der Kunsttherapie und kunstanalogen Transformationsprozessen“ (Synergia Verlag).

www.lösungskunst.com