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Widerstand zwecklos?

Widerstand zwecklos? Oder: wie findet man den „Sweet Spot“?

Oder: wie findet man den „Sweet Spot“?

Die Deutsche Sprache kennt im Zusammenhang mit dem Wort „Widerstand“  einige Verben, die mehr oder weniger drastisch sind: den Widerstand aufgeben oder ihn brechen. Sprachlich etwas weniger  aggressiv: den Widerstand überwinden. Dabei bekommt man leicht den Eindruck, dass das Wort Widerstand etwas ungewolltes, gar etwas um jeden Preis zu bekämpfendes ist.

Aus Psychologischer Sicht wird der Widerstand – je nach psychologischer Schulrichtung – oftmals als Abwehrmechanismus bezeichnet. Mit dem Wort Widerstand ist hier meist die Vermeidung von schmerzhaften, traumatischen oder anderweitig schwierigen Ereignissen, Erinnerungen und den damit verbundenen  Gefühlen gemeint. „Hinter“ dem Widerstand stehen oftmals Scham-, Schuldgefühle oder Ängste. Widerstand kann sehr vielschichtig sein, manchmal wie eine Zwiebel: eine Hülle liegt über der anderen. Jede Widerstands-Schale, die abfällt, die losgelassen wird, ermöglicht letztendlich neues positives Wachstum. Der jeweilige Schutzmechanismus genannt  Widerstand, ist so individuell wie die Klienten selbst.

Wie äußert sich der Widerstand in der therapeutischen Praxis ganz konkret?
Manche Klienten kommen permanent zu spät, geben dem Therapeuten permanent Zustimmung  oder genau das Gegenteil davon. Manchmal theoretisieren Klienten inhaltlich korrekt, logisch nachvollziehbar und sehr ausgiebig. Auch dies kann ein „Ablenkungsmanöver“ sein, das als verbaler Widerstand zum Ausdruck kommt. Gerade bei sehr intellektuellen und wissenschaftlich gebildeten Menschen ist diese Art des Widerstandes anzutreffen. Diese „Kopfarbeiter“ oder „Denker“ sind oftmals sehr weit von ihren Gefühlen entfernt – und wollen diese Distanz vordergründig auch beibehalten. Zumindest, bis es dem Klienten mit Unterstützung des Therapeuten gelingt, diese Art des Widerstands  verständlich, nachvollziehbar und transparent zu machen und in Folge davon zu verringern. Zur Aufklärung des Klienten im Rahmen der Psychohygiene gehört (im passenden Kontext) auch das hinweisen und erklären der Widerstandsmechanismen.
Vor allem besonders intelligente Klienten bergen für den Therapeuten die Gefahr, sich durch die vom Klienten vorgetragenen Inhalte vom eigentlichen Ziel abbringen zu lassen; nämlich der Verringerung des Widerstandes. Logisch einwandfreie Argumentationen des Klienten, verführen manchmal den Therapeuten dazu, auf diese Form des Widerstandes hereinzufallen. Dagegen hilft es, als Therapeut immer wieder auf die Meta-Ebene zu gehen und sich immer wieder zu fragen „Welche Finte wird hier gerade versucht? Welche falsche Fährte wird hier gerade gelegt? Welches Täuschungsmanöver wird gerade gefahren? Was wird mir hier gerade suggeriert?“.  Es gilt, die Signale zu erkennen, auch minimale Veränderungen wahrzunehmen. Hat man einen der vielen Tarnungen des Widerstands erkannt, so ist mit dieser Erkenntnis immer wohlwollend umzugehen, denn der Klient  generiert seine ganz eigene Widerstandsmethodik und -strategie unbewusst.


Wie verringert man den Widerstand des Klienten?
Das A und O ist immer ein gutes Vertrauensverhältnis. Vertrauen ist der entscheidende Schlüssel zur Verringerung, oder gar dem Abbau des Widerstands. So ist in der ersten Stunde des Klienten in einer therapeutischen Praxis kaum mit einem großen Abbau des Widerstands zu rechnen. Alles ist neu: der Therapeut, die Umgebung, das Setting, der Praxisraum.
Um Vertrauen zum Therapeuten aufzubauen, braucht der Klient vor allem eins: Zeit. Seinen ganz individuellen Zeitraum, der genau so individuell in seiner Dauer ist, wie jeder Klient selbst einzigartig ist. Jeglicher Druck, Ungeduld oder Erwartungshaltung durch den Therapeuten würde den Vertrauensaufbau verzögern oder gar unmöglich machen. Oftmals hat sich der Klient über Jahre oder Jahrzehnte seinen Widerstand „erworben“ und verstärkt. Der Versuch einer  „schnellen“ Auflösung des Widerstandes kann daher auch kontraproduktiv sein.
Sehr förderlich ist auch eine sichere, Vertrauen und Schutz gebende Umgebung, meist der Praxisraum. Nach einigen Sitzungen, tritt meist ein Gewöhnungseffekt (Verlässlichkeit und Ausstrahlung des Therapeuten, Bekanntheit der Örtlichkeiten) und damit ein weiterer Vertrauensaufbau ein.
Auch das Setting ist nicht zu unterschätzen. Ich selbst durfte einmal in meiner Praxis erleben, dass die harmlose Frage an den Klienten „Wo möchten Sie sitzen?“ starke Emotionen auslöste und gleichzeitig Widerstand verringerte. Mein Klient sagte unter Tränen dazu: „Ich durfte noch nie selbst entscheiden oder bestimmen – können Sie sich vorstellen, was das für mich bedeutet?“. Kleine Intervention – große Wirkung.


Woran erkennt man, dass der Widerstand abnimmt?
Das allererste Zeichen ist bereits der Erstkontakt zum Therapeuten. Dabei ging mit Sicherheit bereits im Vorfeld einiges an Widerstandsabbau im Klienten vor sich. Bereits vor dem ersten Telefonat, vor der ersten Anmeldung in einer psychotherapeutischen Praxis. Vielleicht hat der Klient schon oft auf den Webseiten des Therapeuten gesurft, hatte sich jedoch nicht getraut anzurufen, oder eine E-Mail zu senden? Aber jetzt hat er den ersten Schritt getan, seinen inneren Widerstand überwunden und ist erstmals in der Psychotherapie Praxis. Der erste Schritt zum Abbau von Widerstand ist somit ohne Therapeut erfolgt. Dieser erste Schritt ist für viele Klienten schwer. Niedrigschwellige Angebote, wie E-Mail-Kontaktmöglichkeit oder ansprechende Webseiten helfen den Klienten ihren Widerstand zu überwinden.
Die erste Hürde, somit die erste Widerstandsebene ist bereits durch den vom Klienten initiierten Schritt der Kontaktaufnahme mit dem Therapeuten durchbrochen. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass der Klient eigenmotiviert nach therapeutischer Unterstützung sucht. Bei einem fremdmotivierten Klient, könnte sich der Widerstand nochmals verstärken. „Meine Frau schickt mich“, oder „Meine Kollegen sagen, dass ich doch mal was ändern muss“ können auf fehlenden Therapiewillen und starken Widerstand hinweisen. Sogar Aussagen wie „jetzt habe ich meiner Frau den Wunsch erfüllt und war in therapeutischer Behandlung, also ist jetzt ist alles ok“ deuten darauf hin, dass Fremdmotivation meist den Widerstand erhöht.

In meiner Praxis konnte ich ein Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern feststellen: Männer kommen schwerer an ihre Gefühle als Frauen.  Soweit vielleicht erst einmal nichts Überaschendes. Diese Erkenntnis wird jedoch wichtig, wenn man von der Annahme ausgeht, dass Emotionen Hinweise auf einen verminderten oder gar aufgegebenen Widerstand deuten.
Dass der Widerstand geringer und das Vertrauen größer wurde, kann man auch an der Annahme und Bejahung einer Therapieform durch den Klienten feststellen. Am Beispiel der imaginativen Psychotherapie (z. B. Katathym-Imaginative Psychotherapie) lässt sich sehr gut erkennen, ob sich der Klient auf den Prozess einlässt, oder ob er Widerstand zeigt, also vom Denken nicht ins Fühlen kommt, bzw. kommen möchte.
Wenn Widerstand aufgegeben wird, wenn althergebrachte und jahrelange Schutzmechanismen nicht mehr genutzt werden, dann erkennt man das oft zuerst an kurz aufblitzenden Gefühlsregungen, weniger an einem spontanen Gefühlsausbruch. Hier gilt es für den Therapeuten, genau diesen Augenblick abzupassen. Ist dieser wertvolle Augenblick, dieser „Sweet-Spot“, dieses Fenster zu den Emotionen offen, so ist die Chance gegeben an das wirkliche Problem und dessen Ursache zu kommen. Ein kurzer Blick hinter die Maske, die Widerstand heißt, ermöglicht das Andocken an die Gefühlswelt des Klienten. Wenn sich dieses Fenster nach und nach immer weiter öffnet, dann ist Therapie sehr gut möglich.


Was ist der eigentliche Vorteil, wenn der Widerstand überwunden ist, und vom Klienten nicht mehr benötigt wird?
Einer meiner geschätzten Lehrer in Tiefenpsychologie drückte es einmal so aus: „Psychische Verletzungen und Traumata sind wie Luftblasen im Wasser – sie wollen immer nach oben ins Bewusstsein steigen. Mehr oder weniger erfolgreich versucht unser Unterbewusstsein mit dem Widerstand diese Luftblasen mit viel Energie „unten“ zu halten. Gelingt es jedoch dem Klienten mit Unterstützung des Therapeuten eine dieser Verletzungen an die Oberfläche, zum Bewusstsein zu bringen, dann geschieht erstaunliches. Die Energie, die bisher für das Halten im Unterbewusstsein benötigt wurde, steht plötzlich anderweitig zur Verfügung  und ist nun freie Lebensenergie.“ – dafür lohnt es sich, wie ich meine, den Widerstand eines Klienten zu verringern oder gar obsolet zu machen. Für viele Menschen ist es oft nach Jahren der scheinbaren Abtrennung, Unterdrückung um jeden Preis oder Verleugnung ihrer Gefühle, manchmal das erste Mal wieder, dass sie sich angstfrei auf ihre Gefühle einlassen.
Das Motto meiner Web-Seite  „Erkenne Dich selbst“ stammt von der Inschrift auf der Eingangssäule zum Orakel von Delphi. Haben Sie lieber Leser sich schon einmal gefragt,  wie viele Widerstands-Schalen Sie noch von Ihrem Selbst trennen?

 

Günter Kaindl,
Heilpraktiker für Psychotherapie (HPrG)

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Bildquelle: © prudkov - Fotolia.com

 

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